KI in der Kunst

Interview mit unserem Künstler HC Ohl

Künstliche Intelligenz (KI) bezieht sich auf die Entwicklung von Algorithmen und Computertechnologien, die menschenähnliche Intelligenz nachahmen oder simulieren können. Die Verwendung von Künstlicher Intelligenz in der Kunst hat das Potenzial, die künstlerische Landschaft zu transformieren. Sie kann Künstlern als kreative Partnerin dienen, indem sie neue Ideen generiert, Inspiration bietet und bei der Entwicklungsphase von Kunstwerken unterstützt. 

Hans Christian Ohl (HC) ist einer der wichtigsten Partner von Bailer Kunst im Bereich Digitalisierung von kreativen Prozessen und Corporate Fotokunst bzw. personalisierte Kunstwerke. Im Interview sprechen er und Sissy Tongendorff (ST) von Inspiration und Möglichkeiten der KI in der Kunst – und von dem Mehrwert, den sie unseren Kunden bietet, wenn sie Kunst für ihr Unternehmen mieten oder kaufen möchten.

ST: Als unser wichtigster Künstler im Bereich der digitalen Kunst bist du dem Thema „KI in der Kunst“ schon sehr nahe. Welche Erfahrung hast du mit KI und wo hast du dich schon inspirieren lassen?

HC: Ich arbeite seit längerer Zeit mit digitaler Malerei, d.h. ich nutze Computerprogramme, um malerische Prozesse zu erzeugen:  Ich nutze fotografische Vorlagen und bearbeite diese dann digital, so baue ich zum Beispiel das Logo eines Unternehmens oder seine Produkte in ein Foto. Dabei verwende ich verschiedene KI-Tools, die Bilder nachschärfen, Bildelemente entfernen oder hinzufügen. 

Produkte eines Kunden kreativ verarbeitet in einem Fotokunstwerk

Wichtig scheint mir jedoch zu sein, aus dieser immer größer werdenden Palette von Möglichkeiten sich ganz bewusst auf nur sehr wenige zu konzentrieren. Das Herumspielen mit Möglichkeiten sollte nicht zum Selbstzweck werden.

Bei der digitalen Probehängung unserer Marke Kunst mieten setze ich KI ein, um in ein Foto der Raumsituation dem Betrachter einen Eindruck zu verschaffen, wie ein Gemälde bei ihm aussehen würde.

 

ST: KI kann personalisierte Kunstwerke schaffen, die auf den individuellen Anforderungen unserer Kunden basieren. Deine Arbeiten, die zum Beispiel ein Firmengebäude, oder ein Produkt des Kunden oder sein Logo einbinden, gehen in diese Richtung. Wie kann dich hier die KI noch mehr unterstützen? Wie können wir hier noch Mehrwert für unsere Kunden schaffen? 

HC: „Personalisierte Kunstwerke“ ist sicherlich ein sehr guter Begriff für diese Art der Arbeiten. Ich schaffe eine Verbindung von einem Kunstwerk zu einer Firma – Kunst ist Kommunikation! Ein Kunstwerk schafft einen kommunikativen Raum zwischen dem Betrachter und den Produkten und Dienstleistungen eines Unternehmens.  

Ein Beispiel: Eine Organisation hat Niederlassungen in verschiedenen Städten. Ich schaffe Kunstwerke, die diese Städte thematisieren. So entsteht eine Verbindung zunächst von den Kunstwerken und somit vom Betrachter der Kunstwerke zur Firma. Die Städtebilder dürfen nicht zu trivial sein. Einfach den Ortsnamen hinzuschreiben reicht nicht aus. Die Städtebilder müssen sich (außer mit der Stadt) mit anderen Kunstwerken verbinden. So öffnet sich der erzählerische Raum.  

Das Bürogebäude eines Unternehmens und sein Standort werden zum Kunstmotiv

Ein weiteres Beispiel: Unternehmen haben begonnen, ihre Arbeitsumgebungen neu zu denken. Insbesondere in der Industriebranche, die von technischen Aspekten dominiert wird, gewinnt die Integration von Kunst in Büroräumen stark an Bedeutung – warum nicht die Produkte eines Maschinenbauers oder die Logos einer Organisation mit Kunst verbinden?

Hier ist auch das Logo einer Düsseldorfer Firma integriert

ST: KI ermöglicht die Schaffung völlig neuer Kunstformen, die auf algorithmischen Prinzipien basieren. Dies könnte zu einer Erweiterung der künstlerischen Ausdrucksmöglichkeiten führen. Wie denkst du hierüber: Kann dir KI noch eine Erweiterung deines künstlerischen Spektrums dienen?

HC: Ich habe mich in meiner künstlerischen Arbeit während der letzten 20 Jahre mit der Beschleunigung beschäftigt.  Beschleunigung bezog sich hier nicht nur auf beschleunigte Materie, sondern mehr noch auf die Beschleunigung  gesellschaftlicher Prozesse. Der Hype um die KI kann hier als Phänomen der Beschleunigung gesehen werden.  

Über das Thema der Beschleunigung hinaus interessiert mich aber seit der Einführung der KI-Tools das Aufeinandertreffen von  Virtualität und Realität, Digitalem  und Analogem. Meine künstlerische Arbeit soll genau diesen Schnittpunkt von technischer, künstlicher, KI-generierter und menschengemachter, beobachteter, sorgsam ausgewählter Kreation beleuchten.  

ST: Wo sind die Grenzen der KI aus deiner Sicht?

Wenn wir über die Grenzen der KI sprechen, kommen wir zu der Frage: kann KI kreativ sein? Und kann KI Kunstwerke schaffen? Kann KI den Menschen oder hier den Künstler ersetzen? An dieser Stelle muss von Emotionen gesprochen werden: KI kann eine riesige Flut von „Ergebnissen“ zu einem Prompt (Anweisungen oder Fragen, die dazu dienen, spezifische Reaktionen oder Antworten von einer KI zu generieren) liefern. Sie kann aber nicht auswählen – klar, sie kann alle weißen Bilder oder alle mit mehr als 30% Grün auswählen, wenn man ihr das sagt. Oder sie kann die Bilder auswählen, die wahrscheinlich die meisten „Likes“ bekommen. Aber ihr ist schlicht und einfach alles egal – egal was sie da liefert. Sie hat keine emotionale Verbindung zu dem, was sie da kreiert. Und genau deswegen ist sie grundsätzlich nichts anderes als ein Taschenrechner und mit menschlicher Intelligenz grundsätzlich nicht vergleichbar. Deshalb ist sie auch nicht zu Kunst fähig. Sie kann nur Dinge schaffen, die so aussehen, als wären sie Kunst.  

Sie kann Schön von Hässlich unterscheiden im Sinne eines Durchschnittsgeschmacks, aber sie kann keinen eigenen Geschmack entwickeln.  

Die Jungs aus dem Silikon-Valley wollen uns verkaufen, dass die KIs wie ein Gehirn funktionieren oder die Gehirne wie KIs. Sie reden von den neuronalen Prozessen der Computer. Stimmt aber nicht. Der wesentliche Unterschied ist: Bei Menschen (und Tieren) werden Hormone ausgeschüttet, wenn kommuniziert wird. Es gibt Begeisterung, Freude, Wut, Enttäuschung, sexuellen Stimulans. Der KI ist das alles völlig egal.  

Die Kritiker der Euphorie an der KI werden manchmal verglichen mit denen, die im Aufkommen der Fotographie den Untergang der Malerei gesehen haben. Mir gefällt das Beispiel ganz gut. Die Malerei ging nicht unter, bloß weil man plötzlich fotografieren konnte. Aber umgekehrt wäre es falsch, den Fotoapparat als Künstler zu bezeichnen. Der Fotograf ist der Künstler, weil der den Zeitpunkt oder die Ausrichtung des Objektives bestimmt. Der KI-Künstler muss den Prompt generieren  und entscheiden, was von dem Gelieferten brauchbar ist. 

ST: Die Integration von KI in Kunstwerken könnte dazu beitragen, Technologie und Kunst näher miteinander zu  verbinden, was zu neuen Formen von interaktiver Kunst führen könnte. Wie siehst du Kunst im Kontext von Technologie?  

HC: Die Bedeutung von Technologie und insbesondere von KI für unsere Gesellschaft kann gar nicht hoch genug eingeschätzt  werden. Sehr viele Dinge werden sich in unglaublich kurzer Zeit grundlegend ändern und sehr vieles nicht zu unserem Vorteil.  Die Aufgabe der Kunst muss sein, hier auf ästhetischer Ebene Fragen zu stellen. 

Die individuelle Anpassung an jede Umgebung ist ein großer Vorteil der Fotokunst

ST: Welche Fragen müssen wir uns stellen, wenn wir von KI sprechen und mit KI arbeiten? 

HC: Besonders interessant ist vielleicht die Fähigkeit der KIs, dass sie lernen können. Hier kann man die KIs als Abbild des Menschen betrachten. Aber nicht nur als Abbild des Menschen, sondern als Abbild der Schöpfung. Das macht die Entwickler der KIs aber noch lange nicht zu Göttern und erst recht nicht diejenigen, die die Algorithmen nachher benutzen.  Gleichzeitig müssen wir ästhetische Grundbegriffe hinterfragen:  

  • Fortschritt – aber wohin und zu welchem Zweck?  
  • KI – künstliche Intelligenz? Müsste eigentlich Maschinen-Intelligenz heißen. Handelt es sich überhaupt um Intelligenz oder wird es nur als Intelligenz verkauft?  
  • Kreativität – ist etwas kreativ, nur weil es neu ist oder nicht einmal neu, sondern nur schlicht entstanden? Ist etwas schon kreativ, wenn es keinem erkennbaren Sinn folgt und ohne Verstand im Sinne einer Auswahl einfach nur entstanden ist?  
  • Was ist überhaupt Kunst? Kunst ist unter anderem Kommunikation mit visuellen Mitteln. Aber Kommunikation mit einer Maschine? Wozu das?  

ST: HC, hast du einen abschließenden Gedanken, den du mit uns teilen willst? Wie ist deine Einschätzung der weiteren Entwicklung von KI in der Kunst?

In der Kunst geht es um Kommunikation. Kommunikation findet immer vor dem Hintergrund emotionaler Bewegung statt  KI kennt keine Emotionen. Es braucht immer Menschen, die KI nutzen und sie vielleicht als Quelle der Inspiration sehen. Außerdem geht es auch um Respekt – dem Betrachter, anderen Menschen gegenüber. Kommunikation kann nur zwischen Menschen stattfinden, die Maschine kann mich bei Kommunikation nur unterstützen, das heißt: Ich kommuniziere nur MIT HILFE DER MASCHINE mit Menschen.